LVR Klinikum Essen

Freibereiche Kinder- und Jugendpsychiatrie

Die Rheinischen Kliniken haben durch einen Neubau ihren bisherigen Standort in Essen erweitert. Der orthogonale Baukomplex beinhaltet freiraumplanerisch drei Themen: Die Entwicklung der Eingangssituation, die Ausarbeitung der Themenhöfe und die Behandlung der Gebäuderänder und städtebaulichen Übergänge. Der neue Bauabschnitt – eine Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie – ist gegenüber des bestehenden Klinikgebäudes errichtet worden. Eine kreisrunde Platzfläche mit prägnantem aber neutralem Habitus verknüpft nun beide Baukomplexe und bildet das gemeinsame Entree für beide Klinikgebäude. Mehrere Pflanzinseln, von Sitzmauern eingefasst, ergänzen die Gestaltung und laden zum Verweilen ein.

Die Innenhöfe des Klinikareals (Patientengärten) sind thematisch gegliedert und erhalten unterschiedliche Anmutungen: der Hof der Ruhe, der steinerne Hof, der Sport- und Spielhof sowie der Hof der vier Jahreszeiten. Der Außenbereich östlich des Stationsgebäudes ist entsprechend der Nutzung im Gebäude unterteilt und wird durch einen Rundweg erschlossen.

Erlebnis

Die Freianlagen sind auf die individuellen Bedürfnisse der Nutzergruppen zugeschnitten, sodass sie zu einem Erlebnis außerhalb des Klinikalltags werden. Bei den Patientengärten geht die Planung konzeptionell auf die Bedürfnisse der Patienten durch Sinnes- und Erlebniselemente, Ruhe- und Rückzugszonen sowie optische Anziehungspunkte ein und versteht sich somit als Erweiterung des Therapieangebotes der Klinik im Außengelände. Die einzelnen Bereiche erhalten einen oder mehrere Sinne als Motiv, die jeweils besonders angesprochen werden. Funktion und Ausstattung der Außenbereiche ist jeweils an die Nutzung innerhalb des nächstliegenden Gebäudeteils angepasst. Insgesamt gibt es vier verschiedene Gärten: Der Sport- und Spielhof mit verschiedenen Ausstattungselementen, Basketballkorb, Fußballtor, bewegliche Sitzlounges sowie einer Hängematte. Im Hof der Ruhe stehen Stille, Rückzug und gemäßigte Bewegung im Vordergrund. Das Highlight in diesem Hof sind Strandkörbe, in deren unmittelbarer Nähe Röhrentelefone platziert wurden, um auf spielerische Weise die Kommunikation der Patienten untereinander zu fördern. Erlebnis durch Vegetation steht im Hof der vier Jahreszeiten im Vordergrund. Durch eine entsprechende Pflanzenauswahl wird erreicht, dass diese Gärten das ganze Jahr hindurch attraktiv sind und mit ihrem Farbkonzept eine positive Wirkung auf die Patienten haben. Der Steinerne Hof ist ein repräsentativer Bereich und kann von Besuchern und Personal als Warte- und Aufenthaltsbereich genutzt werden. Der Außenbereich der offenen Abteilung östlich des Stationsgebäudes ist entsprechend der Nutzung im Gebäude in Bereiche für Erwachsene, Klein- und Grundschulkinder sowie Jugendliche unterteilt, auf deren Bedürfnisse zugeschnitten und mit altersgerechten Ausstattungselementen, wie einem Pavillon mit Boxsack für die Erwachsenen, einem Streetballfeld für die Jugendlichen und verschiedenen Spielmöglichkeiten für Klein- und Grundschulkinder ausgestattet.

Funktionalität

Einen weiteren wichtigen Punkt in der Planung der Freianlage nimmt das Thema der Funktionalität ein. Hier liegen die Schwerpunkte in den folgenden drei Bereichen: Bei dem funktionalen Bezug von Innen – Außen steht die direkte Anbindung der stationszugehörigen Freibereiche zu den einzelnen Stationen im Vordergrund. Dabei ergänzen die Freibereiche das Therapieangebot der Klinik in optimaler Weise: Ruhe und Rückzug, Sport und Bewegung, Deeskalation und Kommunikation, Naturbetrachtung und Kontemplation. Die zentrale Erschließung der Klinik erfolgt über einen großzügig gestalteten Vorplatz an den der Haupteingang und die Anlieferung angebunden sind. Entlang des Vorplatzes sind PKW Stellplätze und überdachte Fahrradabstellmöglichkeiten angeordnet. Eine Umfahrt erleichtert die Erreichbarkeit der rückwärtigen Freibereiche für Pflegezwecke. Durch die Zonierung der Freibereiche in öffentliche – halböffentliche und private Freiräume werden alle Bedürfnisse der Nutzer erfüllt. Der öffentliche Vorplatz ist eine „Willkommensgeste“ und wird durch einen öffentlichen Raucherbereich ergänzt. Der halböffentliche Steinerne Hof dient als Kommunikationsort für Patienten, Klinikpersonal und Besucher. Der Sport,- Ruhe,- Pflanzenhof und der Garten sind private Freiräume. Diese Aufenthaltsbereiche sind nur den Patienten vorbehalten.

Sicherheit

Um die Sicherheit in den unterschiedlichen Freibereichen zu gewährleisten sind in der Planung und Realisierung alle relevanten Kriterien diesbezüglich erfüllt worden. Besonders hervorzuheben sind die Übersichtlichkeit und Zuordnung der jeweiligen Freibereiche. Die Situierung der Freibereiche an die geschlossenen Stationen erfolgt durch Innenhöfe mit direkter Anbindung an die Stationen. Die Flucht der Patienten ist hier aufgrund der baulichen Situation nicht möglich. Deshalb kann auf Zäune weitgehend verzichtet werden. Diese geschlossenen Gärten bieten den Patienten die gewünschte Sicherheit und Privatsphäre gegenüber der Öffentlichkeit und vermeiden damit eine Stigmatisierung. Strandkörbe bieten den Patienten einen Rückzugsraum – einen Ort der Geborgenheit und persönliche Sicherheit. Für das Klinikpersonal sind die Höfe von der jeweiligen Station jedoch sehr gut einsehbar, da die Bepflanzung mit weitgehend niedrigen Gräsern erfolgt. In der Planung wurde darauf geachtet, dass keine leicht zugänglichen Suizidmöglichkeiten und Orte mit Aufforderungscharakter zum Suizid entstehen.

Ein weiteres wichtiges Kriterium, um die Sicherheit zu gewährleisten, ist die gute und den Anforderungen entsprechende Materialwahl. Vandalismussichere Bodenbeläge wie Stein, Holz und federnde Kunststoffbeläge geben den jeweiligen Orten die gewünschte Atmosphäre und Robustheit. Dennoch lassen sie die spezifischen Nutzungen wie Sport und Bewegung aber auch Ruhe und Rückzug zu. Die Sitz- und Sportelemente sind aus Stahl bzw. Holz gefertigt. Die Seilverbindungen der Spielelemente besitzen eine Stahlseele, sind unzerstörbar und können nicht zum Suizid zweckentfremdet werden.

Nachhaltigkeit

Die Planung und Umsetzung der Freianlagen orientiert sich an den ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Kriterien einer nachhaltigen Planung. Nachhaltigkeit und gestalterische Qualität sind dabei kein Gegensatz. Ein angemessenes Verhältnis von Herstellungs- und Unterhaltungsaufwand wurde im Vorfeld mit der klinikeigenen Gärtnerei abgestimmt. So wurden nur die gebäudenahen Freibereiche intensiver gestaltet während die weitläufigen Freibereiche des Umfeldes extensiv gestaltet und gepflegt werden. Hier erfolgt die Wiesenmahd nur zweimal jährlich. Gehölzflächen wurden so angelegt das sie sich ohne einen jährlichen Rückschnitt frei entfalten können. Ein eigens für diese Belange gefertigtes Pflegekonzept gewährleistet die langfristige Entwicklung der Gesamtanlage im Sinne der nachhaltigen Planung. Darüber hinaus wurde eine extensive Dachbegrünung sowie eine Anlage zur Geothermie umgesetzt.